Rasseportrait

Unsere ehemalige Kollegin Mareike Wilms hat ein wunderbares Portrait von uns Schnauzern geschrieben und in einem zweiten Text dargelegt, warum es manchmal schwierig ist, bis speziell die Riesen ein neues Zuhause gefunden haben.

„Einen Schnauzer kauft man nicht – man verdient ihn sich!“ (unbekannt)

Schnauzer gibt es in drei verschiedenen Rassegrößen: Imposante, ausgeglichene Riesenschnauzer, kompakte, unerschrockene (Mittel-)Schnauzer* und wachsame, quirlige Zwergschnauzer. Hinter den Links verstecken sich die jeweiligen FCI-Standards der drei Rassen. Doch Aussehen ist nicht alles. Man tut sich keinen Gefallen damit, sich einen Schnauzer aus rein optischen Beweggründen ins Haus zu holen, sondern sollte schon ein Freund seines – manchmal etwas speziellen – Charakters sein. Also … Was macht einen Schnauzer nun aus?

Zunächst einmal ist es wichtig zu wissen, dass Zwergschnauzer nicht einfach nur Riesenschnauzer im Mini-Format sind. Die drei Größen unterscheiden sich durchaus auch in ihren Charaktereigenschaften! Alle Schnauzer sind Spätentwickler. Doch während ein Riesenschnauzer mit drei Jahren langsam erwachsen und vom Wesen her etwas ruhiger wird, sind Mittelschnauzer auch mit sechs Jahren noch kernig und haben Hummeln im Hintern. Alle Schnauzerrassen sind eigenwillig, haben ihre Ziele fest im Blick und sind vom Typ her eher rauh. Doch vor allem der Mittelschnauzer erfordert Geduld und Nervenstärke: „Wer einen Hund haben möchte, der beim ersten Mal hört, sollte sich einen Schäferhund holen. Ein Schnauzer hört beim dritten Mal. Beim ersten Mal registriert er es und dreht sich um. Beim zweiten Mal setzt er sich in Bewegung. Das dritte Mal ist notwendig, weil ihm unterwegs immer noch etwas ganz Wichtiges einfällt.“

Aber nicht nur die Größe ist entscheidend – selbst die Farbschläge schwarz und pfeffer-salz bzw. beim Zwergschnauzer auch schwarz-silber und weiß machen Unterschiede aus! Schwarze Riesenschnauzer zum Beispiel sind im Sport kooperativer, temperamentvoller, während Riesenschnauzer in pfeffer-salz eher etwas ausgeglichener sind. Bei den Zwergschnauzern gelten schwarz-silberne und weiße als sozial und verträglich, während die pfeffer-salz Zwerge ursprünglicher und rauher sind.

Wer sich für einen Riesenschnauzer entscheidet, sollte sich zunächst über Größe und Gewicht im Klaren sein. Riesen-Rüden können 45 kg auf die Waage bringen – ein Gewicht, das auch dann unter Kontrolle gehalten werden will, wenn der Lieblingsfeind um die Ecke kommt oder Nachbars freche Katze Fersengeld gibt. Übrigens sehen auch gut sozialisierte Schnauzer Artgenossen im Erwachsenenalter nicht immer als Freunde – erst recht nicht des gleichen Geschlechts. Zudem lieben die „etwas“ grobmotorischen Schnauzer kraftvolle Rennspiele und körperbetonte Raufspiele, in denen sie sich messen können. Hündische Spielpartner sollten daher nicht allzu zart besaitet sein und auch der Schnauzerbesitzer selbst ist nicht selten mit liebevoll gemeinten, aber blauen Flecken gekennzeichnet.

 

Haus und Garten sind für einen Schnauzer wünschenswert. Aber selbst Riesenschnauzer können problemlos in einer Wohnung gehalten werden, wenn man ihnen den notwendigen Ausgleich bietet. Als Gebrauchshund reichen ihnen langweilige Spaziergänge oder immer gleiche Radtouren kaum aus. Sie brauchen Abwechslung und eine Aufgabe, die ihren Kopf beschäftigt. In Bezug auf Garten- und Heimgestaltung haben Schnauzer übrigens ihre eigene Ideen. Gerade gepflanzte Blumen werden zum Besitzer zurückgetragen, Taschentücher aus dem Mülleimer wieder ausgepackt. Überhaupt tragen Schnauzer gerne Dinge umher. Socken, Schuhe, Handys oder die Fernbedienung genauso wie ihren eigenen Ball.

Schnauzer sind gute Wächter, ohne Kläffer zu sein. Eindringlinge sollten sich darüber klar sein, dass ein Schnauzer sehr genau weiß, wo SEIN Reich beginnt. Auch Gefahren begegnet ein Schnauzer eher nach dem Motto „Angriff ist die beste Verteidigung“. Schnauzerbesitzer sollten daher tunlichst darauf achten, dass ein Schnauzer nicht selbst entscheidet, was eine Gefahr darstellt und was nicht.

Überhaupt ist es wichtig, dem Schnauzer ein liebevoller, aber konsequenter Chef zu sein. Denn während das kleine Powerpaket mit seinen Späßchen als Welpe noch niedlich ist, macht sich fehlende Erziehung spätestens in der Pubertät bemerkbar. Gut, wenn dem Knallkopf dann seine Grenzen bewusst sind und man ihn aus jeder Alberei ohne Probleme wieder „herunterfahren“ kann. So ein Schnauzer wird zu einem alltagstauglichen Begleithund, der auch im Urlaub am Strand oder in der Kneipe um die Ecke immer mit dabei sein und die Nähe seines Rudels genießen kann.

Viele Riesenschnauzer haben ein gespaltenes Verhältnis zum Thema Wasser. Während Regen, eine Dusche oder der Wasserschlauch eher Fluchtreflexe auslöst, werden sie von Seen oder dem Meer magisch angezogen. Enten und Schwäne können das Interesse am Wasser noch vervielfachen. Denn auch der Jagdtrieb ist bei vielen Schnauzern gut ausgeprägt. Triebigen Riesenschnauzern gefällt vor allem die Hetze, so dass sie weniger Spuren verfolgen, sondern eher auf Sicht nach flüchtendem Wild Ausschau halten.

Bei all diesen Beschreibungen muss man natürlich beachten, dass sie nur einen Mittelwert beschreiben und jeder einzelne Schnauzer die ein oder andere Charaktereigenschaft mehr oder weniger ausgeprägt besitzen kann. Auch die normalerweise sehr territorialen Herdenschutzhunde können sich in Einzelfällen über Einbrecher freuen und ihm den teuren Fernseher noch hinterhertragen.

(*) PS: Eigentlich gibt es keinen „Mittelschnauzer“. Diese Rassegröße heißt im Deutschen einfach Schnauzer, ohne „Mittel-“, ohne „Standard-“. Da wir den Begriff Schnauzer auf unserer Website aber als Sammelbegriff für alle Rassegrößen verwenden, bezeichnen wir den mittleren konsequent als „Mittelschnauzer“. Kundige Schnauzer-Fans mögen uns das bitte verzeihen!

Von Mareike Wilms

Der Schnauzer als Notfall

Groß und schwarz: Diese Eigenschaften machen es Tierheimhunden besonders schwer, schnell in eine neue Familie vermittelt zu werden. Von allen Schnauzerrassen sind es daher vor allem die Riesenschnauzer, die lange hinter Gittern sitzen. Dass es meistens auch einen Grund gibt, weswegen der Hund im Tierheim abgegeben wurde, macht die Sache nicht einfacher. Von Scheidungs- oder Todesfällen in der Familie mal abgesehen, landen vor allem drei Sorten von Schnauzern im Tierschutz: Die Unterforderten, deren Besitzer bei der Anschaffung nicht bedacht haben, dass der Gebrauchshund ein echtes Powerpaket ist und eine sinnvolle Beschäftigung benötigt. Die Unerzogenen, die keine Regeln kennen und alles bekommen, was sie sich wünschen (und dies irgendwann auch einfordern). Und diejenigen, die sich aufgrund von zu viel Härte in ihrer Erziehung irgendwann gegen den Besitzer wenden. Gerade Schnauzer aus der Leistungszucht werden auf Belastbarkeit, Härte und Trieb gezüchtet. Versucht man so einen Hund zu brechen, werden sich gerade die wesensstarken Hunde irgendwann wehren. Keine einfachen Vermittlungsfälle, mit denen Tierheime oft überfordert sind, denn für eine intensive Vorkontrolle der Interessenten fehlt häufig die Zeit.

Aus diesem Grund nehmen wir in der RiesenSchnauzerNothilfe die Hunde in Pflegefamilien auf. Unsere Pflegestellen haben oft selbst Riesenschnauzer und deshalb Rasseerfahrung. Dies erleichtert den Umgang und die Einschätzung des manchmal eigenwilligen Charakters. Besonders schwierige Fälle bringen wir zunächst bei einem Hundetrainer unter. Durch diese intensive Betreuung lernen wir den Hund in vielen Alltagssituationen kennen: Versteht er sich mit anderen Hunden? Auch gut sozialisierte Schnauzer sehen Artgenossen im Erwachsenenalter nicht immer als Freunde – erst recht nicht des gleichen Geschlechts. Knurrt er, wenn man seinem Fressen zu nahe kommt? Kann er mit Kindern umgehen? Die stürmische Art der Schnauzer kann für Kleinkinder im wahrsten Sinne des Wortes umwerfend sein. Oder wecken hoppelnde Hasen großes Interesse? Schnauzer können eine große Portion Jagdtrieb mitbringen! Verteidigt er sein Spielzeug, bewacht er das Grundstück? All diese Informationen helfen, eine passende Neufamilie zu finden. Auch im Nothilfeverein ist das nicht immer einfach und einige Hunde bleiben über Monate, bis sich der oder die Richtige für sie findet – allerdings überbrücken sie diese Zeit mit Familienanschluss und schnauzergerechter Beschäftigung. Es kommt aber auch immer wieder vor, dass Pflegefamilien sich in ihren Pflegling verlieben und ihn letztendlich behalten. Wirklich schön für den Hund, nicht ganz so erfreulich für den Verein, denn gute Pflegefamilien sind schwer zu finden.

Jeder, der sich für einen Schnauzer – egal ob Zwerg, Standard oder Riese – entscheidet, sollte sich vorher eingehend mit der Rasse auseinandersetzen. Schnauzer sind Spätentwickler. Über Riesenschnauzer hört man immer wieder folgende „Weisheit“: Der Riese wächst im ersten Jahr in die Höhe, im zweiten Jahr in die Breite und im dritten Jahr wächst der Verstand. Mittelschnauzer sind im Allgemeinen sogar noch quirliger als ihre großen Verwandten. Alle Schnauzerrassen sind eigenwillig, haben ihre Ziele fest im Blick und sind vom Typ her eher rauh. Schnauzerbesitzer erkennt man nicht selten an ihren blauen Flecken, denn ihre Hunde lieben körperbetonte Raufspiele, bei denen sie ihre Kräfte messen können. Das muss man mögen und nicht in allem gleich einen Angriff auf den Alpha-Status sehen. Im Gegenteil: Diese Raufspiele eignen sich hervorragend, um dem Hund spielerisch auch mal Grenzen zu setzen. Und die benötigen alle Schnauzer – liebevoll, aber konsequent. Denn während das kleine Powerpaket als Welpe noch niedlich ist, macht sich fehlende Erziehung spätestens in der Pubertät bemerkbar – und wird für einige so sehr zum Problem, dass der Hund wieder abgegeben wird.Übrigens: So schön der Schnauzerbart auf Fotos immer aussieht, in der Realität ist er meistens nass. Aber das ist sicher in den seltensten Fällen ein Abgabegrund …

Von Mareike Wilms

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